von Takab (Iran) nach Isfahan (Iran)
In Takab eine Lokanta zu
finden, um etwas zu essen, gestaltete sich nicht einfach. In einem
Hinterhof entdeckten wir eine kleine Bude, die auf den ersten Blick zu
zu sein schien. Wir trauten uns näher ran und man bat uns herein.
Der Besitzer, ein freundlicher Herr mittleren Alters, erklärte uns
kurz die Speisen. Wir ordneten Bratkartoffeln mit Wurst. Das Gericht
sollte umgerechnet 0,50€ kosten. Er fragte nach unseren Namen und
sprach mich dann immer wieder mit Mr. Henrik an, um mir etwas über
Fußball und seine Familie zu erzählen oder eine Frage los zu
werden. Er gab noch einen Ayran aus und bezahlen sollten wir nichts.
Wenigstens einen Teilbetrag wurden wir los.
schlafender Schuhmacher |
Innerhalb von 2 Tagen
fuhren wir durch recht einsame Regionen, wir passierten nur eine Hand
voll Dörfer und eine Stadt auf fast 200 km. An einer
Häuseransammlung hielten wir um unsere Wasservorräte auf zu füllen.
Wir trafen auf eine sehr hilfsbereite Familie. Auch die Nachbarn
kamen noch hinzu. Einer der Jungs musste eine Testfahrt auf meinem
Rad machen, was sehr wackelig aussah. Zum Abschieds bekamen wir noch
eine Honigmelone geschenkt.
Diese 2 Radtage waren von Wind und zudem noch einigen Höhenmeter geprägt. Wir suchten nach kleineren Straßen die in unserer Karte eingezeichnet sind und uns als Abkürzung dienen sollten. Die Beschilderung ist in diesen ländlichen Gebieten nicht grad gut und wenn nur auf Persisch. Somit verwarfen wir den Gedanken irgendwo auf gut Glück eine Abkürzung zu nehmen und fuhren bis in die Stadt Qorveh.
Dass die im ersten Moment
negativ erscheinenden Ereignisse doch oft etwas positives nach sich
ziehen, das lernt man auf solch einer Reise. An einem Kiosk wurde ich
von 2 Männern angesprochen und sie luden uns zu sich nach Hause ein.
Wir landeten bei einer 3 köpfigen Familie ( Mehdi, Nasiri und
Amir). Nachdem wir uns frisch gemacht hatten ging es für mich,
Mehdi, Abbas (ein Freund von Mehdi) und Amir (den 5 jährigen Sohn)
noch eine Runde mit dem Auto drehen und die Stadt kurz zeigen. Dani
blieb bei Nasiri, durfte aber nicht in der Küche helfen, sollte sich
entspannen. Unsere Wäsche wurde währenddessen von der Waschmaschine
staubfrei gemacht. Nach unserer Rückkehr gab es typisch persisches
Abendessen. Wir bekamen Reis mit Hähnchenfleisch und einen Brei aus
Kräutern mit Bohnen serviert. Es schmeckte köstlich. Abends drehten
unsere Gastgeber mit uns nochmal eine Runde durch die Stadt zu einem
großen Park. Wieder „daheim“ dachten wir, dass wir auf dem
Wohnzimmerboden Platz nehmen werden. Jegliche Gegenwehr nicht im
Ehebett der beiden zu schlafen war zwecklos. Es war ein komisches
Gefühl, doch nach diesem langen Tag schliefen wir gut.
bei Mehdi & Co zum Essen und Schlafen |
Am nächsten Morgen nach
dem Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg. Mehdi war etwas
enttäuscht, sie wollten uns gern noch länger als Gast bei sich
haben. Wir setzten uns durch, doch sie packten uns noch eine Menge
Essen vom Vortag ein. Mehdi wies uns noch einen besseren Weg in die
200km entfernte Stadt Kermanshah.
Es sollte ein windiger Tag werden. Zuerst 30 km Rückenwind, dann viel Gegenwind auf den folgenden 60 km. Auf einer Anhöhe kamen wir mit einem Mann auf einem Moped in Kontakt. Er saß mit seiner Frau und einem Kleinkind auf dem Moped und hat uns Dinge auf Persisch gefragt, die wir nicht verstanden. 15 km später trafen wir ihn wieder. Er kam von hinten angedüst, überholte uns und wartete. Er hielt mir einen Zettel hin mit 6 englischen Wörtern: „well come to Home the night“! Ich klärte ab wo sein zu Hause ist. 10 km die gleiche Strecke zurück wollten wir nicht fahren. Ich hatte ein schlechtes Gewissen diese Einladung abgelehnt zu haben. Es steckte so viel Initiative in ihr. Er sah uns auf der Anhöhe, beschloss uns einladen zu wollen, fuhr wohl nach Haus, übersetzte irgendwie seine Einladung ins englische und fuhr dann nochmal mit seinem Zettel hinter uns her. Unglaublich!
Die Stadt Sonqor
erreichten wir bei beginnender Dämmerung. Wir kauften noch unser
rituelles Abendgetränk (Traubenschorle von der Marke SUNDIS),
welches wir während des kochens und beim Essen zu uns nehmen. Am
Minimarket bat die Polizei um unsere Pässe. Nach ca. 2 Minuten
standen 4 Polizisten, 10 interessierte Bürger direkt um mich herum
und 15 weitere beim Bäcker, die aber alle in meine Richtung
schauten. Man war sich scheinbar uneinig ob unser Visum noch gültig
ist oder nicht. Man muss zugeben dass das Visum ein wenig verwirrend
ist, doch wenn die Polizei nicht weiß wie man die Gültigkeit
ermittelt, wer dann? Ich versuchte ihnen zu erklären dass es um den
Einreisestempel geht, um nichts anderes. Nach ca. 20 Minuten durften
wir unsere Fahrt fortsetzen. Von den gleichen Polizisten wurden wir
keine 200 m später wieder gestoppt. Wir sollten mit zur Wache
kommen, wo man unsere Visa kopieren wollte. Dies dauerte erneut 20
Minuten. Man wollte uns überzeugen dass wir aus Sicherheitsgründen
besser im Hotel schlafen sollen. Da sie immer wieder auf uns ein
redeten fragten wir nach dem Hotelpreis. Doch 30 € für eine
Hotelübernachtung die wir gar nicht wollten, war uns zu viel. Wir
fuhren bis kurz hinter die Stadt und schlugen fast im dunkeln unser
Zelt in einer alten Kiesgrube auf.
entspanntes Frühstück |
Am 133. Reisetag genossen wir anfangs die Fahrt Richtung Kermanshah. Die Straße führte durch eine schöne Schlucht, bis wir in Bisotun auf die Hauptstraße trafen. Nun folgten 50 Hauptstraßen- sowie Stadtkilometer. Wieder einmal haben wir uns schlecht informiert und sind von einer viel kleineren Stadt ausgegangen. Kermanshah ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und bietet 800.000 Menschen ein zu Hause. Die Hotelsuche lief nicht so grandios, bis wir dem Auto eines iranischen Paares folgen sollten. Nach 4 km Auto-Hinterher-Hetzerei waren wir am Ziel.
In Kermanshah machten wir
einen Ruhetag und wollten vorzeitig unser Visum verlängern lassen.
Das Touristenvisum berechtigt für einen Aufenthalt von 30 Tagen. Da
die Nord-Süd-Durchquerung des Irans von Maku nach Bandar Abbas laut
google-maps schon 2200 km lang ist, brauchen wir mehr als 30 Tage in
diesem riesigen Land. Im Schnitt planen wir mit 1500 km pro Monat.
Zudem kommt noch dass man nie so direkt fährt wie das ein
Routenplaner errechnet. Also ab zum Visumsamt. Dort wusste man
komischer Weise schon über uns Bescheid. Man fragte direkt ob wir
mit dem Rad reisen würden, was uns erstaunte. Doch wahrscheinlich
haben die uns lange aufhaltenden Polizisten aus Sonqor vorbildliche
Arbeit geleistet und unsere kopierten Visa schon mal hierhin gefaxt.
Eine Verlängerung hätten wir voraussichtlich bekommen, doch es
hätte 4-5 Tage gedauert. Wir beschlossen unseren eingeplanten,
längeren Zwischenstopp in Isfahan dafür zu nutzen. Also kamen wir
unseren normalen „Nicht-Radtag-Aufgaben“ nach. Wäsche waschen,
einkaufen, entspannen, etwas Sightseeing. Wir müssen sagen, dass uns
ein Rückzugsort, wie ein Hotel, in diesem Land wirklich
zwischendurch sehr gut tut. Jeden Tag ist man der ungewohnte
Mittelpunkt des Geschehens. Alle schauen einen an, viele sprechen
einen an und man sieht zu, immer freundlich zu sein. Wir merken dass
es, zusätzlich zu der körperlichen, radfahrtechnischen
Beanspruchung, noch anstrengender ist als in einem Land, in dem man
ein „normaler“ Radtourist ist. Doch wir wollen ganz deutlich
sagen:“ Wir möchten diese Erfahrung auf keinen Fall missen!“
An unserem 135. Reisetag
verließen wir die Stadt Kermanshah und innerhalb von nur 5 km waren
wir, gefühlt, im nirgendwo. Schilder gab es keine. Das Internet half
uns vor der Abreise den Weg zu finden und an jeder Kreuzung fragten
wir nach der Richtung in das über 200 km entfernte Poldoktar. In
einem kleineren Ort fragten wir mal wieder und man deutete uns, dass
wir nicht in dieser Gegend schlafen und campierten sollen. Die
Zeichensprache war eindeutig. Für „schlafen“ zeigten sie
klassisch den Kopf auf der waagerechten Hand, und danach zeigten sie
eine flache Hand die mit den Fingern am Hals entlang gleitet. Diese
Menschen waren also der Meinung, dass wir in der Nacht umgebracht
werden. Solche Begegnungen machen uns natürlich nachdenklich, doch
nach all den positiven Erfahrungen konnten wir ihre Warnung auch
nicht 100 %ig ernst nehmen. Wir setzten unsere Fahrt ohne wirklich
große Bedenken fort. Die Nacht verlief ruhig.
passendes Schild für Danis momentane Situation |
abendlicher Schlafplatz |
Am folgenden Tag führte
die Straße weiter durch bergiges Gebiet und wir genossen die ruhige
Straße. Nach ca. 10 km frühstückten wir mit schönem Ausblick.
Meist machen wir es so, dass wir erst ein paar Kilometer hinter uns
bringen, uns dann einen Drink kaufen wenn es eine Möglichkeit dazu
gibt, und dann einen schönen Platz suchen. An diesem Morgen gab es
noch Kekse von einem Motorrad fahrenden Iraner dazu.
In der 2. Tageshälfte
trafen wir wieder auf eine größere Straße und wurden von deutlich
mehr Abgasen belästigt. Die Polizei hielt uns an, doch die war
diesmal nur an uns und der Reise interessiert und schenkte uns zum
Abschieds noch 4 Gurken. Nur ein paar Kilometer weiter wollten wir in
eine kleine Straße einbiegen um einen Ort zum Zelten ausfindig zu
machen als ein Polizeiwagen hinter uns auftauchte. Man fragte uns wo
wir hin wollen und dass hier keine sichere Gegend sei. Sie deuteten
an, dass wir verprügelt werden. Da es eh keine andere Option für
uns gab als dort zu zelten machten wir dies auf gewohnte Weise. Wir
suchten einen nicht einsehbaren Platz und schlugen unser Camp auf.
Auch diese Nacht verlief ohne irgendwelche Zwischenfälle.
iranisches Löschauto |
eine uns überholende LKW-Kolonne |
Morgens ging es dank des
altbekannten „Schafweckers“ früh los und sehr viel bergab. In
der Früh waren wir noch auf 1700 Höhenmeter, abends schliefen wir
auf schwül warmen (37° C) 450 Höhenmetern. Heftig was dieser
Unterschied ausmacht. Mittags bekamen wir sogar von einem
Obstverkäufer 2 Bananen und 3 Äpfel geschenkt. Durch diese
Geschenke und die, für unsere Verhältnisse, niedrigen Preise geben
wir hier an einem Radtag mit wild campen 2-5 € aus. Eine Dose Cola
oder ein Kakao kosten umgerechnet 0,25 €, ein Liter Traubenschorle
0,50 €. Die Tage mit bezahlter Übernachtung sind dann natürlich
teurer, da man hier für ein relativ sauberes Hotelzimmer ca. 20-25 €
bezahlt.
Dani musste auf den Einzelplatz |
An unserem 138. Reisetag hatten wir dank unserer fleißigen Vorarbeit nur noch 55 km bis Andimeshk. Auf dem Weg machten wir einen Pepsi-Stopp. Als wir dort so standen kam ein Mann und drückte mir ein paar Fladen Brot in die Hand. Keine Minute später sprach uns ein weiterer Herr an und fragte ob er uns irgendwie helfen kann oder ob wir irgendetwas benötigen. Wir lehnten dankend ab und erzählten dass wir dank des gerade getrunkenen Softdrinks wieder voller Energie sind. Ohne zu fragen ging er in den Shop und kaufte 2 weitere Pepsi. Zu freundlich!
In Andimeshk angekommen
nisteten wir uns in einem Hotel ein, um einen Ruhetag zu machen,
bevor wir uns auf die, in voller Vorfreude erwartete, Bahnstrecke
nach Dorud begaben. Diesen radfreien Tag nutzen wir um das 60 km
entfernte Shushtar zu besichtigen. Hier gab es ein interessantes,
uraltes Bewässerungssystem zu bestaunen. Die Taxifahrt kostete ganze
1,50 € pro Person.
In einem Supermarkt in
Andimeshk hatten wir mal wieder eine überaus freundliche Begegnung.
Wir waren auf der Suche nach Brot. Der Markt hatte auch welches, doch
das war ein ganz dünnes, zerbrechliches. Wir waren auf der Jagd nach
etwas fluffigerem. Somit fragten wir wo wir welches bekommen können.
Der Kassierer erklärte nicht lange, sondern verließ den Laden,
schwang sich auf sein Moped und war 4 Minuten später mit weicherem
Brot wieder an seinem Arbeitsplatz. Bezahlen durften wir es nicht!
Am nächsten Morgen
standen wir um 4 Uhr auf, um den Zug in Richtung Dorud zu bekommen.
Unsere Räder wurden in einem Frachtwagon verladen. Wir sollten nicht
bei den anderen Reisenden Platz nehmen, sondern im Abteil der
Zugbegleiter. Man sagte uns mal wieder, dass es sicherer sei. Wir
wollten lieber dort sitzen wo alle sitzen, doch wehren konnten wir
uns mal wieder nicht. Diese 6-stündige Zugfahrt war wirklich
einmalig. Sie ging quer durch das Zagros-Gebirge, es wurden nur
kleinere Dörfer passiert und die Bahnstrecke führte parallel zu
einem Fluss.
eine alte deutsche Bahn mit der wir fuhren |
Leider gab es auf dieser
wundervollen Bahnfahrt ein Negativereignis. Wir standen oft am
offenen Fenster um Fotos zu machen und die Fahrt bei Fahrtwind zu
genießen. In diesem Moment standen wir in einem kleinen Bahnhof. Ein
paar Einheimische standen dort mit ihren Tieren. Ich machte ein Foto
von einer etwas weiter entfernteren Frau auf einem Esel.
Wahrscheinlich war es dieses Foto was einen anderen so wütend
machte, dass er, während der Zug wieder anfuhr, mit einem Stock nach
mir schlug. Er traf mich am Arm und gleich danach flog ein Stein in
Richtung unseres Fensters. Zum Glück traf dieser nur den Zug und
keinen von uns. Wir wollen dieses Ereignis nicht zu hoch hängen,
doch es machte uns natürlich nachdenklich. Am liebsten hätte ich
mich mit dieser Person danach kurz zusammengesetzt und ihn gefragt
was ihn zu dieser Aktion bewegt hat. Jemandem etwas Böses hinterher
zu rufen oder mit einem Stock zu schlagen und mit Steinen zu werfen
ist noch ein kleiner Unterschied!
In Dorud angekommen
entschieden wir noch am gleichen Tag einen Bus in das 250 km südlich
liegende Isfahan zu nehmen. Wir wollten das erste Mal auf unserer
Reise ein anderes Verkehrsmittel nutzen um einige Kilometer hinter
uns zu lassen. Diese Entscheidung bereuen wir kein Stück. Die
Strecke schien nicht sonderlich aufregend zu sein und wir freuen uns
nun unseren Iran „Erholungsurlaub“ in Isfahan zu machen. Zum
Glück entdeckten wir hier eine kleine Oase inmitten der Stadt. Unser
neues zu Hause ist ein wunderschönes altes Gebäude aus dem 17.
Jahrhundert welches liebevoll, restauriert wurde. Im Innenhof können
wir relaxen, skypen, Blog schreiben und Energie zu uns nehmen. Nach
solch einer Unterkunft haben wir uns gesehnt. Hier haben wir wieder
ein wenig Privatsphäre und können Kraft für die nächsten 1300 km
tanken, die uns noch über Shiraz, quer durch das Zagrosgebirge nach
Bandar Lengeh führen sollen.
Imam Platz |
Innenhof unseres Guest-Houses |
Über die Visumsbehörden
hört man im Vorhinein immer komische Geschichten, dass es lange
dauert, sie unfreundlich sind usw.. Wir können nun eine angenehme
berichten. Als wir dort ankamen schien uns auch alles etwas konfus zu
laufen. Doch nach Gruppenanstehen am Schalter waren wir an der Reihe.
Ein ca. 35 jähriger Polizeibeamter bediente uns äußerst
freundlich. Wir mussten nochmal zur Bank Geld überweisen, Pass und
Visum kopieren und ein Formular für 20 Cent kaufen. Dann kamen wir
zu unserem freundlichen Beamten zurück. Als er meinem Passfoto einen
Tacker mitten durch die Stirn jagte und ich mich „beschwerte“,
entfernte er ihn wieder und tackerte mich nur durch mein lichter
werdendes Haar. Mit einem Lächeln erkundigte er sich ob ich nun
zufrieden sein. Aus sein angekündigten 3-4 Tagen die man für das
Visum brauchen würde, wurden 23 Stunden. Am folgenden Tag um 11 Uhr
holten wir es ab.
Visaverlängerung |
Kindergartenkids |
Guest House |
So, nun ist meine
“Pflicht“ euch gegenüber erst einmal erledigt und wir werden in
aller Ruhe unser feines Guest House, die Kultur dieser schönen Stadt
sowie die persische Küche genießen…..
KM-gesamt: 6714
Zeit im Sattel: 436 Stunden
Höhenmeter gesamt: 43332