von Maku (Iran) nach Takab (Iran)
Zuerst muss ich erwähnen wie ihr überhaupt in den „Genuss“ dieses Geschriebenen kommt. Und zwar muss ich mich sehr bei Inge aus San Francisco bedanken der ich momentan meine Beiträge als pdf-Datei zusende, welche sie dann samt Bildern online stellt, da ich hier momentan leider nicht auf den Blog zugreifen kann!
Zuerst muss ich erwähnen wie ihr überhaupt in den „Genuss“ dieses Geschriebenen kommt. Und zwar muss ich mich sehr bei Inge aus San Francisco bedanken der ich momentan meine Beiträge als pdf-Datei zusende, welche sie dann samt Bildern online stellt, da ich hier momentan leider nicht auf den Blog zugreifen kann!
Vielen Dank, Ingi !!!
Nun zu unserer Reise. In Maku gewöhnten wir uns erst einmal an das
noch sehr fremde Land. Beim Geld tauschen hatten wir die erste nette
Begegnung. Die Frau des Geldwechslers gab Dani zu verstehen, dass sie
ihr Kopftuch doch bitte etwas lockerer tragen soll. Die Iranerinnen
beachten zwar das Gebot des Kopftuch tragens, jedoch nicht so streng
wie man es sich vorstellt. Bei manchen bleibt das Tuch noch so eben
am Dutt hängen.
Nachdem wir nun iranische Rial in den Händen hielten, waren wir das
erste Mal in unserem Leben Millionäre. Für 150 € bekamen wir
knapp 6.000.000 Rial und mussten pro Hotelübernachtung eine schlappe
Mille hinblättern.
Radfahrer aus Teheran mit Hilfsmotor |
Unsere erste iranische Einladung sollte nicht lange auf sich warten
lassen. Nach 56 km hielt uns Tohid an. Er sprach gutes Englisch und
lud uns zu sich nach Hause ein. Nach kurzem Überlegen entschieden
wir die Einladung an zu nehmen. Nach weiteren 17 km erreichten wir
sein zu Hause. Tohid ist 27 Jahre, Englischlehrer und wohnt in einem
3000 Einwohnerdorf. Er fährt einen kleinen Kia Pride und ist seit 3
Monaten geschieden. Sein zu Hause stellt ein kleines 80 qm Haus dar,
welches einen nicht zu großen Garten und alle von uns gewohnten
Einbauen hat. Tohid ist ein sehr offener, großzügiger und auf
Sauberkeit bedachter junger Mann. Als Begrüßungsessen gab es
Omelette, später zum Abend noch einen Hühner-Kartoffel-Eintopf.
Essen bei Tohid |
Für uns ist diese Begegnung perfekt. Gleich zu Beginn unserer
Reise in diesem uns noch sehr fremden Land, Informationen aus erster
Hand zu bekommen, und das noch in sehr gutem Englisch.
Was will man
mehr?
Hier mal ein paar Dinge, die man beachten muss, damit ihr euch
besser vorstellen könnt was im Iran anders ist: Kopftuch tragen ist
für Frauen Pflicht, sowie das Verhüllen aller weiblichen Rundungen.
Männer sollen Hosen tragen, die übers Knie reichen. Somit ist der
Gedanke an das Schwimmen an einem öffentlichen Ort hinfällig.
Tanzen in der Öffentlichkeit ist untersagt. Alkohol gibt es im
ganzen Land offiziell nicht. Bars und Clubs existieren unseres
Wissens nach somit auch nicht. Viele Internetseiten werden blockiert
(u.a. Facebook & bloggerseiten). Diese werden oft durch Filter
umgangen, so dass auch in diesem Land Facebook stark genutzt wird.
Am nächsten Tag zeigte uns Tohid die nähere Umgebung was hier ein
Umkreis von 150 km bedeutet. Wir waren in einem schick angelegtem
Park in dem wir von einer Frauenvolleyballmannschaft quasi überfallen
wurden. Sie waren sehr interessiert an den 2 ausländischen
Besuchern. Nach einer Fotosession konnten wir uns aus den Krallen
dieser Mädelstruppe befreien.
interessierte Volleyballmannschaft |
Weiter ging es zu einer schicken, alten Kirche und dann an einen
perfekten Picknickplatz. Man muss wissen dass die Iraner für ihr
Leben gern picknicken. Unser neuer iranischer Kumpel bereitete ein
Barbecue mit Fleischspießen (Kebab) und Tomaten vor. In der Zeit
gingen wir die kleine Schlucht erkunden und mussten für die sehr
interessierten Iraner für Fotos und Videos her halten.
Kebab mit Tohid |
Abends erfuhren wir, dass unser Gastgeber „Hitler“ für seine
große Organisation liebt. Ein Missverständnis mussten wir noch
ausräumen. Tohid dachte dass in Deutschland alle Hitler lieben
würden. Dies konnten wir zum Glück nicht bestätigen.
Frühstück |
Tohid unterrichtet nicht nur an einer staatlichen Schule, sondern
noch in einem Englisch-Institut. Er fragte uns ob wir uns vorstellen
können mit in das Institut zu kommen um seinen Schülern für eine
Praxislehrstunde zu dienen. Natürlich sagten wir zu. Am nächsten
Vormittag rief er den Institutsleiter an, so dass dieser alle
Jugendlichen informieren konnte. Es war islamischer Sonntag (also
Freitag) und alle Kinder kamen freiwillig ins Institut. Nicht nur wir
waren etwas Besonderes an diesem Tag, sondern es saßen Jungs und
Mädels gemeinsam in einem Klassenraum.
zu Gast im Englischinstitut |
Girls only |
Boys only |
Wir berichteten von unserem Leben daheim, unserer Reise und was uns
antreibt durch fremde Länder zu radeln. Sie fragten Dani was sie vom
Tragen eines Kopftuchs hält und mich, welches Smartphone ich
bevorzuge. Für Dani ist das Tragen des Kopftuches für eine
begrenzte Zeit kein großes Problem, ich konnte die an mich gestellte
Frage nicht so recht beantworten, da mein Mobiltelefon aus dem Jahre
2007 stammt und wohl fasst jeder Schüler dort ein neueres hat. Nach
einem schüchternen Beginn war es eine rege Frage- und Antwortstunde,
die, in der uns nun schon gewohnten Fotosession, endete. Vom
Institutsleiter wurden wir zum Dank noch zum Essen eingeladen.
Mit Tohid zusammen besuchten wir noch einen Königspalast. Danach
ging es wieder zu ihm nach Hause, wo ich mein Rad nach der ersten
Reifenpanne wieder einbauen musste, da wir am nächsten Tag unseren
gastfreundlichen Iraner verlassen wollten. Nach leckerem Abendessen
tauschten wir noch ein wenig Musik aus und fielen nach einem
anstrengenden Tag in unser Schlafgemach.
Schlafgemach bei Tohid |
Nach einem gemeinsamen Frühstück und einer kurzen, schmerzlosen
Verabschiedung saßen wir auf den Rädern in Richtung Tabriz. Nach
dieser aufregenden, informativen Zeit waren wir wieder froh allein zu
sein. Wir denken, dass grad die Mischung wichtig ist, die Mischung
aus allein sein und radeln sowie intensiven Begegnungen mit Menschen.
Wir trafen radelnde Chinesen, die auf dem Weg nach Europa sind und
unseren Berechnungen nach im tiefsten Winter dort ankommen. Wir
lobten unsere eigene Reiseplanung. Weiterhin trafen wir nette
Einheimische, bekamen ein paar Stück Melone geschenkt und in einem
„Restaurant“ wurde uns zu unserem selbst mit gebrachten Apfel
noch ein Teller und Messer serviert. Ein junger Mann an einer
Tankstelle wollte mir jedoch das 3 fache vom Normalpreis berechnen
womit er jedoch nicht durch kam.
An unserem 124. Reisetag war Dani recht schlapp und hatte mit
Schnupfen und leichten Halsschmerzen zu kämpfen. Wir beschlossen
nach 45 km in der Stadt Marand halt zu machen damit Dani sich
auskurieren konnte. Auf dem Weg in die Stadt trafen wir Akbar auf
seinem Moped. Wir fuhren mit zu seinem Supermarkt und es stellte sich
heraus dass er immer gern Radreisenden oder Reisenden allgemein
weiter hilft. Der 32 jährige Akbar zeigte mir seine gesammelten
Fotos von Reisenden die er in Marand getroffen hat. Ein Kumpel von
ihm brachte uns zu seinem nahe gelegenen Hostel wo wir günstig
übernachten konnten. Nachmittags kaufte ich bei ihm im Laden noch
ein und wir verabredeten uns auf halb 8 zum Abendessen. Dani brauchte
ein wenig Ruhe und somit verbrachte ich den Abend mit Akbar und
Mohammed, einem Kumpel von ihm. Wir aßen Falafel, cruisten mit dem
Auto durch die Stadt und unterhielten uns dabei. Beim Verabschieden
gab es eine Einladung zum Frühstück an seinem Markt. Dani ging es
morgens besser. Akbars Omelette war sehr gut und wir nahmen das Mahl
in einem gegenüber liegenden Büro zu uns.
Akbar (links) & Mohammed (rechts) |
Wir verbrachten einen langen Tag auf den Rädern mit viel
Hauptstraßenverkehr und schlechter Beschilderung. Durch sehr
hilfsbereite Menschen hinter deren Autos wir mehrere Kilometer her
fuhren gelang es uns Tabriz erfolgreich zu umfahren. Jeden Tag
bekommen wir mehrere Dinge geschenkt. Die Tage durfte ich nicht
einmal im Supermarkt bezahlen. Wir bekamen vorweg 2 Softeis
geschenkt, 2 Kuchenstücke und die Getränke umsonst obendrauf. Aus
anhaltenden Autos gibt’s Äpfel, Gurken….
Am 126. Reisetag gab es den 2. Platten der Tour. Beide Male war ein
kleiner Stahldraht der Übeltäter, wahrscheinlich aus den zerfetzten
Reifen die oft auf dem Seitenstreifen liegen. Nach einem recht
unspektakulären Tag campierten wir abends in einem Park, der von
den Einheimischen am islamischen Wochenende (Donnerstag + Freitag)
viel genutzt wird. Es war Dienstag und somit hatten wir freie
Platzwahl. Die Parkgärtner und –Wächter sagten es sei kein
Problem eine Nacht dort zu verbringen und gesellten sich zu uns.
Mustafa (gelernter Koch) half beim Zubereiten unserer Nudeln mit
Tomatensoße. Vielleicht ein bisschen zu aufdringlich für unser
Empfinden, doch sicher nett gemeint.
Am folgenden Tag, in der Stadt Miyandoab, sprach uns ein Mann an,
dass wir ihn zu einem Freund begleiten sollen. Er meinte nur, er
liebt Radfahrer. Es ging zu seinem Kumpel der einen Radladen hat.
Nach einem kurzen Gespräch stellte sich heraus dass „Akbar aus
Marand“ ein guter Bekannter von ihm ist. Er selbst war viel in der
Türkei mit dem Rad unterwegs und möchte nächstes Jahr in Europa
eine Tour machen. Nach einem Melonensaft und Datteln waren wir wieder
auf dem Weg nach Takab, einem Ort den wir uns für einen Ruhetag aus
geguckt hatten.
Dieser Radfahrtag lief sehr gut, wenig Höhenmeter viel Rückenwind. Nach 112 km erreichten wir die Stadt Shahin Dez und wurden von einer sympathischen, 3-köpfigen Familie eingeladen, deren Haus 6 km in die falsche Richtung lag. Wir lehnten dankend ab, was man uns nicht leicht machte. Keine 30 Minuten später ärgerten wir uns über uns selbst. Wir hoffen dass es nicht die letzte Einladung sein wird, schämen uns jedoch ein wenig sie nicht angenommen zu haben.
Die Nacht verbrachten wir in einem stadtnah gelegenen Park. Wir
fragten bei den Dorfältesten (Parkältesten) um Erlaubnis. Nachts
kam jemand zu unserem Zelt und rief etwas. Ich erwiderte: „Go
away“. Er wiederholte das von uns vorher nicht verstandene:
„Police“. Wir dachten :“Ups!“ Dann habe mich doch aus dem
Zelt bequemt. Man wollte uns mitteilen dass der Park nicht sicher
sei, wir besser wo anders in der Stadt schlafen sollen. Wir lehnten
ab und ich begab mich wieder in Schlafposition. Keine 10 Minuten
später stand wieder jemand vorm Zelt. Diesmal ein Zivilpolizist. Er
meinte das gleiche wie seine Kollegen und kontrollierte noch unser
Visum. Er meinte es sei nicht mehr gültig. Ich erklärte ihm wofür
welches Datum wichtig ist und er verschwand wieder. 5 Minuten später
war er wieder da und meinte wir müssten doch unsere Räder an etwas
anschließen, als er gerade erkannte dass sie am Baum angeschlossen
waren. Der Rest meiner Geburtstagsnacht verlief ruhig.
Geburtstagsfrühstück |
Von dem nicht so sicheren Park haben wir zum Glück nichts mit
bekommen, stattdessen brachte uns morgens ein Junge eine Kanne mit
Tee, super nett! So durfte mein Geburtstag starten. Ein paar
Kilometer außerhalb der Stadt gab es dann das richtige Frühstück.
Wir verbrachten einen sehr schönen Tag auf einer relativ einsamen
Straße mit schönen Ausblicken und vielen Höhenmetern (1321). Zudem
erreichten wir den bisher höchsten Punkt unserer Tour mit 2300
Metern. Am Abend fuhren wir in unser anvisiertes Ziel Takab ein,
kauften Geburtstagsgebäck und genossen die warme Dusche im Hotel.
unglaubliche Packkünstler |
Unser weiterer Plan ist es im Westen Irans in Richtung Dezful zu
fahren und dort mit deinem Zug durchs Gebirge nach Dorud zu kommen
von wo aus wir nach Esfahan weiter radeln werden.
KM-gesamt: 5963
Zeit im Sattel: 387 Stunden
Höhenmeter gesamt: 38078
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